Fitness
Eisbaden: gesund und regenerativ?
Wie und wann du ins kalte Wasser springen solltest
Eisbaden – nicht nur was für Profis
Zahlreiche wissenschaftliche Studien berichten von den gesundheitlichen Vorteilen des Eisbades. Beispielsweise führt wiederholte Kaltwassertherapie zu einer signifikanten Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit. Ebenfalls werden die Stoffwechselprozesse dadurch positiv beeinflusst.1 Im menschlichen Körper gibt es zwei Arten von Fettgewebe: „braunes“ und „weißes“ Fett. Eisbaden aktiviert das „gute“ braune Fettgewebe, welches den Stoffwechsel ankurbelt. Diese Aktivierung verbessert die Blutzuckerkontrolle und reduziert Entzündungen. Weiterhin belegen wissenschaftliche Studien eine Stärkung des Immunsystems durch die Ausschüttung von Neurotransmittern wie Noradrenalin und β-Endorphinen.2 Regelmäßiges Eisbaden führt zudem zu einer mentalen Stärkung. Eine Studie aus dem Jahr 2019 ergab, dass wiederholte Kälteeinwirkung die Stressbewältigung und die Resilienz der Teilnehmer verbessert.
Auch im Hinblick auf die Regeneration ist die wissenschaftliche Lage klar. Neben gezielter Kompression durch beispielsweise Kompressionssocken und Compression Sleeves hilft auch Eisbaden zuverlässig bei der Muskel-Erholung.3 Eine 2018 im Journal of Sports Medicine veröffentlichte Studie zeigte, dass Eisbaden die durch intensives Training verursachten Muskelentzündungen verringern kann, was die Erholung fördert. Diese Effekte sind auf die vasokonstriktiven Eigenschaften des kalten Wassers zurückzuführen, die Entzündungsreaktionen im Körper mindern. Eine weitere Studie, welche mit Rugbyspielern durchgeführt wurde, stellte fest, dass Eisbäder die Muskelleistung nach intensiven Trainingseinheiten schneller wiederherstellen können.4
Was sagt Profi-Läuferin und Coach Anna Hahner im Interview zum Eisbaden?
Nicht nur die Wissenschaft, auch viele Profi-Athleten wie Cristiano Ronaldo, LeBron James oder Allyson Felix schätzen die Vorteile des Eisbades. Egal ob zur Regeneration oder für das mentale Training – Elite-Sportler tauchen regelmäßig ins eisige Wasser. Wir haben Anna Hahner, eine der weltbesten Läuferinnen, zu diesem Thema befragt.
Wann und warum hast du mit Eisbaden begonnen?
Ich habe 2019 damit angefangen. Als ich an den Chiemsee zog, wollte ich nicht, dass die Badesaison endet – also habe ich einfach nicht aufgehört, in den See oder den Bach zu gehen. Die positiven Effekte vom Eisbaden für die Gesundheit habe ich dann erst Stück für Stück wahrgenommen und mich immer intensiver mit dem Thema beschäftigt. In dem Zusammenhang bin ich dann auch auf Wim Hof und seine berühmte „Wim Hof Methode“ gestoßen, in der er Eisbaden mit speziellen Atemtechniken verbindet.
Wie sahen deine ersten Versuche aus?
Anfangs habe ich viel zu hektisch geatmet. Ziemlich schnell habe ich gemerkt, dass das Wichtigste ist, die Atmung zu kontrollieren. Ein Anfängerfehler ist z. B. auch, Schuhe zum Binden zu nutzen. Da sind die Finger viel zu kalt, um schnüren zu können. Mittlerweile habe ich Schuhe zum Reinschlüpfen, einen Bademantel und Fäustlinge, in denen ich die Finger wieder schön aufwärmen kann.
Wie hast du Eisbaden in deinen Alltag integriert?
Es gehört fest zu meiner Morgenroutine, und ich würde es nicht mehr missen wollen. Wissenschaftlich gesehen reicht es, 1x/Woche Eisbaden zu gehen, da die positiven Effekte so lange anhalten. Mich zieht es aber häufiger ins kalte Wasser. Das Wichtigste ist, sich schon abends vorzunehmen, am nächsten Morgen ins kalte Wasser zu gehen. Wenn man im warmen Bett nochmal überlegt, ist es viel schwieriger. Ich habe den Vorteil, einen Bach direkt vor der Haustür zu haben, daher muss ich kaum extra Zeit am Morgen dafür einplanen. Wer diesen Luxus nicht hat, kann auch mit einer täglichen kalten Dusche starten.
Musst du dich noch überwinden, oder hast du dich daran gewöhnt?
Es ist noch genauso kalt wie am Anfang, aber der Unterschied ist, dass es mir mittlerweile nichts mehr ausmacht. Ich habe aufgehört, die Kälte als etwas Negatives zu bewerten.
Wie lange bleibst du im Eiswasser?
Nach zwei Minuten hat man alle positiven körperlichen Effekte. Danach ist es reines Mentaltraining. Deshalb bleibe ich meistens zwei bis drei Minuten im Wasser. Im Sommer bin ich auch manchmal länger im kalten Wasser, einfach weil es eine willkommene Erfrischung ist.
Was sind für dich die wichtigsten Vorteile?
Mental ist es wie eine Meditation in kürzester Zeit. Was ich sonst in einer 30-Minuten-Meditation schaffe, erreiche ich hier in zwei Minuten. Körperlich stärkt es mein Immunsystem und aktiviert das braune Fettgewebe, was sehr positiv ist. Außerdem kann es auch die Regeneration beschleunigen, da es durch die Kälte kleine Entzündungen im Körper hemmt.
Machst du Eisbaden nach dem Sport zur Regeneration, oder ist es kein Teil deiner Trainingsroutine?
Manchmal nutze ich es nach dem Sport, um Entzündungen zu reduzieren. Manchmal möchte man diese Entzündungen aber bewusst durch das Training erreichen. Hauptsächlich mache ich es direkt morgens nach dem Aufstehen. Wir haben es aber auch schon im Trainingslager in Neuseeland direkt nach dem Training eingebaut. Direkt nach dem Training sind wir in einen kalten Bach gegangen, welcher neben der Trainingsstrecke war. Man profitiert schon ab einer Temperatur von 17 Grad von den positiven Effekten eines Eisbads.
Wir haben auch einen gesonderten Beitrag zum Thema „Regeneration beim Marathon“, bei dem es weitere konkrete Tipps zu diesem Thema gibt.
Verwendest du Hilfsmittel wie Neoprenschuhe oder eine Mütze?
Wenn es zweistellige Minusgrade hat, trage ich Neoprenschuhe. Sonst würden mir die Füße auf dem Weg zum Wasser einfrieren, und ich könnte danach keine Schuhe mehr anziehen, weil meine Finger zu kalt wären. Da der Mensch an Händen, Füßen und Kopf am schnellsten auskühlt, bietet es sich durchaus an, Neoprenschuhe, Mütze und evtl. sogar Handschuhe zu tragen.
Hast du Tipps für Anfänger?
Nicht testen, ob das Wasser kalt ist – es ist kalt! Triff eine Entscheidung und geh einfach rein! Arbeite nicht gegen den Körper, sondern mit ihm, und versuche die Atmung ruhig zu halten. Außerdem ist es wichtig in Begleitung zu gehen und auch nur, wenn man gesundheitlich topfit ist. Es werden auch Eisbade-Workshops und Trainings angeboten, so etwas ist auch ein guter Einstieg, da man Atemtechniken lernt und es in der Gruppe immer leichter geht.
Empfiehlst du Eisbaden deinen Coachies?
Ja, ich lasse sie allerdings mit kaltem Duschen beginnen. Das ist ein guter Einstieg.
Fazit: Eisbaden – gesund und gut für die Regeneration
Eisbaden ist längst nicht mehr nur ein Trend, sondern für viele eine Geheimwaffe für Gesundheit und schnellere Regeneration. Wissenschaftliche Studien zeigen zahlreiche Vorteile, wie eine verbesserte Herz-Kreislauf-Gesundheit, gesteigerte Fettverbrennung und eine Stärkung des Immunsystems. Auch die mentale Widerstandskraft profitiert von regelmäßigen Eisbädern. Profi-Athleten wie Anna Hahner nutzen die Kältetherapie sowohl zur Regeneration als auch als mentales Training. Ihr Tipp für Anfänger: Zögere nicht, atme ruhig und tauche einfach ein.
Quellenverzeichnis
1 Esperland, D., de Weerd, L., & Mercer, J. B. (2022). Health effects of voluntary exposure to cold water – A continuing subject of debate. International Journal of Circumpolar Health, 81(1), 2111789.
2 Sugimoto, S., et al. (2022). Brown adipose tissue-derived MaR2 contributes to cold-induced resolution of inflammation. Nature Metabolism, 4(6), 775-790.
3 Jagim, A. PhD. (2024). Cold-water immersion after exercise: How it impacts muscle recovery. Mayo Clinic Health System. Verfügbar unter: https://www.mayoclinichealthsystem.org/speaking-of-health/can-taking-a-cold-plunge-after-your-workout-be-beneficial
4 Leighton, D. (2018). The effects of cold-water immersion on muscle recovery in rugby players. Journal of Sports Medicine.