Marathon Training
Regeneration beim Marathon Training
In der Ruhe liegt die Kraft
Keine Erholung, kein Erfolg: So regenerierst Du richtig
Wie bereitet man sich erfolgreich auf einen Marathon vor? Regelmäßige Trainingseinheiten und die Motivation, sich auch mal richtig zu quälen sind wichtig, ohne Frage. Aber das allein bringt Dich nicht ans Ziel. Genauso wichtig sind die Phasen dazwischen, die Phasen der Regeneration und Erholung. Wir erklären Dir auf dieser Seite, welchen Nutzen Dein Körper aus regelmäßiger aktiver Regeneration zieht und wie die optimale Regeneration während eines mehrwöchigen Marathon Trainings aussieht. Außerdem werfen wir einen Blick auf die Rolle von Ernährung und Schlaf für Dein Marathon Training.
Das Prinzip der Superkompensation dürfte inzwischen ziemlich bekannt sein. Es besagt, dass Dein Körper im Rahmen der Regeneration nach einem Training nicht nur das ursprüngliche Leistungsniveau wiederherstellt, sondern seine Leistung darüber hinaus steigert und eine Zeit lang auf diesem neuen Niveau hält. Bildlich gesprochen: Du erklimmst eine neue Treppenstufe. Dieser bemerkenswerte Effekt hängt aber entscheidend von der Dauer der Erholung ab: Ist sie zu lang, kehrt Dein Körper auf das alte, schwächere Leistungsniveau zurück. Du bleibst quasi auf der aktuellen Stufe einfach stehen. Ist die Erholung zu kurz, läufst Du Gefahr, Dich ins „Übertraining“ zu begeben und Du schadest Dir sogar, machst also wieder einen Schritt nach unten.
So stellt sich unweigerlich die Frage: Wie viel Regeneration soll es nun sein, damit sich Deine Leistung durch Überkompensation verbessert? Du kannst es Dir sicher denken: Diese Frage lässt sich nicht ganz so einfach und pauschal beantworten. Die richtige Regenerationszeit hängt u.a. ab von:
- der Trainingsintensität,
- der Art/Intensität der Regeneration (z.B. aktiv oder passiv),
- Deinem Trainingsstand,
- Deiner Genetik etc.
Optimal runterkommen per Cool Down
Nach jeder intensiven Einheit, bei der die Herzfrequenz ordentlich nach oben getrieben und die Laktatkonzentration in den Muskeln erhöht wird, bietet das Cool Down eine erste wichtige Maßnahme zur Regeneration. Zum „Abwärmen“, wie es manchmal auch genannt wird, empfiehlt es sich, nach Beendigung der eigentlichen Trainingsdistanz noch etwa zehn Minuten im langsamsten Lauftempo auszulaufen. So wird die Durchblutung des Muskelgewebes verbessert und der schnellere Abbau von Laktat in den Muskeln gewährleistet. Durch eine Nachbelastung von 10 Minuten verringert sich die Laktat-Konzentration im Blut um 1 bis 2 mmol/l schneller als durch Ruhe. Gerade im Zusammenspiel mit Kompressionsbekleidung ist das Cool Down eine sehr effektive Methode zur initialen muskulären Regeneration.
Spricht man vom Cool Down, kommt man am Dehnen oder „Stretching“ nicht vorbei. Auch wenn es fleißigen Läufer nach getaner „Arbeit“ zurück in die Wohnung und unter die Dusche zieht, ist es absolut sinnvoll, sich noch ein paar wenige Minuten dafür zu gönnen. Im Kapitel „Lauf ABC und Kraftübungen“ haben wir die wichtigsten Übungen für Dich zusammengefasst.
Faszientraining
Von den „Faszien“ hört man im Zusammenhang mit Fitness-, aber auch Konditionstraining in letzter Zeit immer häufiger. Falls Du von diesen noch nichts gehört hast: Die Faszien sind die Weichteil-Komponenten des Bindegewebes und zusammen mit den Muskeln, Bändern und Sehnen u.a. für die Bewegung der Gelenke verantwortlich. Beim Faszientraining geht es insbesondere für Läufer darum, die Muskeln effizienter arbeiten zu lassen, die Regenerationszeit zu verkürzen und sich besser vor Schmerzen und Verletzungen zu schützen. Wenn Du nicht in der glücklichen Lage bist, regelmäßige professionelle Massagen zu erhalten, kannst Du z.B. mit einer Faszienrolle nach dem Training kleine Verklebungen in Deinem Bindegewebe lösen und die Durchblutung anregen.
Alternativer Sport zum Ausgleich
Laufen, laufen, laufen… Dass das nach einigen Wochen physisch wie psychisch für Monotonie und sogar Frust sorgen kann, dürfte klar sein. Ein guter Marathon Trainingsplan sieht daher pro Woche auch immer einen Tag vor, an dem Du alternative Sportarten machst. Achte dabei darauf, bewusst andere Muskelgruppen als beim Laufen zu belasten. Klassiker sind Schwimmen, Aqua-Jogging oder Radfahren. Für was auch immer Du Dich entscheidest: Das jeweilige Ausgleichstraining sollte etwa ein bis zwei Stunden mit geringer Intensität im so genannten „Recom“-Bereich (etwa 65% der maximalen Herzfrequenz) absolviert werden.
Spätestens seit dem legendären TV-Interview eines deutschen Fußballers dürfte die Eistonne als effektives Regenerationsinstrument bekannt sein. Die Kälte hat dabei die Funktion, die Blutgefäße zu verengen und die Blutzirkulation zu minimieren. Nach dem Ende des Eisschocks kommt es dann zu einer verstärkten Durchblutung der Gefäße: Der Abbau körperlicher Abfallprodukte wird verbessert und Entzündungsreaktionen durch Mikroverletzungen des Gewebes werden gehemmt. Zuhause kannst Du Dir den Effekt entweder durch das kalte Abbrausen Deiner Unterschenkel zunutze machen oder Dir Deine eigene Eis-„Tonne“ bauen: Einfach eine Badewanne mit (6-8°C) kaltem Wasser füllen, ggf. durch Zugabe von Eiswürfeln. Es reicht, wenn das Wasser geradeso die Beine bedeckt. Mindestens vier und maximal sieben Minuten lang bleiben die Beine im Wasser.
Einen ähnlichen Effekt haben ein Saunagang oder ein heißes Bad (bis maximal 45°C). Ob es nach einer harten Trainingseinheit nun kalt oder heiß (oder eine Mischung aus beidem) sein soll, das ist immer auch eine Glaubensfrage. Probiere für Dich selbst aus, was Dir am besten hilft.
Schlaf
Schlafen ist wohl der Inbegriff des Regenerierens und „Wiederauftankens“. Das Schöne dabei: Auch wenn wir im Grunde rein gar nichts dafür tun müssen – außer eben einzuschlafen –, leisten wir für unseren Körper äußerst effektive und tatsächlich aktive Regenerationsarbeit. Im Schlaf erholt sich das Immunsystem am besten, das Wachstumshormon HGH (Human Growth Hormone, auch Somatropin) ist besonders aktiv und – besonders wichtig für Läufer – der Proteinstoffwechsel läuft auf Hochtouren und hilft besonders den Muskeln, wieder in Schwung zu kommen.
Um das Thema Sportlernahrung ist in den letzten Jahren eine ganze Industrie entstanden, die mit neuem, unglaublichem „Superfood“ die Antworten auf die Bedürfnisse der Athleten gefunden haben will. Doch auch wer auf Aronia-Beeren, Chia-Samen und Spirulina-Algen verzichten möchte, kann sich ausgewogen und für das Marathon Training optimal ernähren.
Keine große Überraschung: Der überwiegende Teil Deiner Nahrung während des Marathon Trainings sollte aus frischen, nährstoffreichen Produkten wie Obst, Gemüse, Salat, Quark, Vollkorn, Müsli oder Nüssen bestehen. Selbstverständlich ist es gelegentlich erlaubt, auch einmal ein paar Stücke Schokolade zu naschen oder sich ein Glas Wein zu gönnen, solange das im überschaubaren Rahmen bleibt. Beachte außerdem folgende Tipps:
- Idealerweise gehst Du nicht mit vollem Magen direkt in die Vollen, sondern nimmst Deine Mahlzeit zwei bis drei Stunden vor Deinem Training ein. Falls Du direkt nach dem Aufstehen laufen gehen möchtest, dann tue das nicht mit leerem Magen, sondern iss schnell verfügbare und bekömmliche Energielieferanten wie Bananen oder Energieriegel.
- Gerade nach dem Training solltest Du Deine Glykogenspeicher (Kohlenhydrate werden in unserem Körper als Glykogen gespeichert) rasch wieder füllen, um die Regeneration zu beschleunigen. Iss also maximal zwei Stunden nach Deinem Lauf eine ausgewogene Mahlzeit mit Akzent auf Kohlenhydrate (Reis, Nudeln, Kartoffeln etc.).
- Die berühmte „Pasta-Party“ (zum „Carbo-Loading“) am Vorabend des Marathons ist nicht grundlegend falsch. Besser ist es aber, z.B. bereits fünf Tage vor dem Lauf die Kohlenhydratspeicher mit einem (nicht zu langen) Tempolauf komplett zu leeren, weitere zwei Tage kohlenhydratarm zu essen und dann damit zu beginnen, die Speicher mit reichlich Nudeln, Reis und Co. wieder aufzufüllen. Ähnlich wie bei der Superkompensation durch Trainingspausen funktionieren nämlich die Glykogenspeicher in unserem Körper: Sie nehmen nicht nur genauso viele Kohlenhydrate auf wie vorher, sondern nach der kompletten Entleerung sogar etwas mehr. Genau diesen Effekt kannst Du Dir zunutze machen, um beim Lauf länger mit den angelegten Reserven auszukommen.
- Alle Nahrungsergänzungsmittel, Energieriegel oder Gels, auf die Du während des Laufes zurückgreifen möchtest, solltest Du unbedingt vorher im Training ausprobiert haben, denn sie können Dein Verdauungssystem vor gewaltige Probleme stellen – gerade in Anbetracht der Tatsache, dass es bei Deiner sportlichen Höchstleistung ohnehin schon auf Hochtouren arbeitet. Ein weiteres Problem: In der Regel sind diese speziellen „Sportlerprodukte“ echte Zuckerbomben, die Deinen Insulinspiegel vorübergehend gewaltig nach oben treiben – aber nach recht kurzer Zeit auch wieder nachgelegt werden müssen.
Eines der wichtigsten Themen überhaupt im Zusammenhang mit Regeneration ist das Trinken. Irgendwie ist allen körperlich aktiven Menschen ja klar, dass es wichtig ist, ausreichend zu trinken. Aber warum eigentlich? Wie Du sicher weißt, besteht der menschliche Körper zu 60 bis 70 % aus Wasser. Es ist an praktisch allen wesentlichen Stoffwechselprozessen beteiligt. So regelt Wasser u.a. die Herzkreislauffunktion und die Verdauung, ist Lösungsmittel für Salze und Mineralstoffe, Transportmittel für Nährstoffe und auch für Abbauprodukte. Gerade die letztgenannten Punkte machen deutlich, warum ein ausgeglichener Wasserhaushalt entsprechend wichtig für die Regeneration nach dem Ausdauersport und beim Marathon Training ist. Wasser hilft dabei, z.B. Laktat möglichst schnell aus dem Körper zu spülen.
Wie viel sollte ich vor, während und nach dem Lauftraining trinken?
Bedenkt man, dass uns schon ohne Sport zwei bis drei Liter Wasser durch Atmen, Schwitzen und Ausscheidungen verloren gehen, wird schnell klar, dass wir nach einem intensiven Lauftraining mit weiterem Flüssigkeitsverlust im Literbereich umso mehr „nachtanken“ müssen. Andernfalls drohen Kopfschmerzen, Müdigkeit und Krämpfe. Damit es nicht soweit kommt, solltest Du schon vor dem Training 200-400 ml Flüssigkeit zu Dir nehmen. So bleibt Dein Körper länger hydriert und gerade muskuläre Probleme werden deutlich minimiert.
Beim Laufen selbst musst Du nur dann zur Flasche greifen, wenn Du einen Lauf von mehr als einer Stunde in Angriff nimmst. Die Flüssigkeitsmenge lässt sich dabei, wie auch die allgemein empfohlene Flüssigkeitsmenge, nicht pauschal benennen. Sie hängt u.a. von Deinem Körpergewicht, der Länge des Laufes, der Außentemperatur und Deinem individuellen Schweißverlust ab. Als Faustregel gelten etwa 0,5 Liter pro Stunde Laufen. Nimm die Flüssigkeit in kleinen Schlucken auf, sonst droht Seitenstechen.
Nach dem Lauf solltest Du, unabhängig davon, ob Du zwei oder nur eine halbe Stunde unterwegs warst, Deinem Körper möglichst schnell seine verlorene Flüssigkeit zurückgeben. So wird die Regeneration erleichtert und es bleiben Dir z.B. schmerzhafte Krämpfe erspart. Die Menge sollte laut Experten mindestens 600 ml betragen. Wie viel genau, das verrät Dir ein einfacher Test: Stell Dich direkt vor und direkt nach dem Training ohne Kleidung auf eine Waage. Im Idealfall führst Du Deinem Körper diese Gewichtsdifferenz durch Getränke wieder zu.
Ganz wichtig: Auch wenn es immer die Grundlage beim Trinken bilden sollte, reicht pures Wasser allein nicht aus, um Deinen Flüssigkeitshaushalt in Balance zu halten. Schließlich schwitzt Du nicht nur Wasser aus, sondern auch Elektrolyte wie Magnesium, Kalium, Natrium und Calcium, die die elektrische Aktivität der Muskeln- und Nervenzellen steuern. Für die Regeneration des Körpers müssen sie wieder zugeführt werden. Dafür eignet sich jedoch nicht jedes Getränk. Vermeide grundsätzlich eher stark zucker-, koffein- oder alkoholhaltige Getränke. Stattdessen empfehlen sich mineralstoffreiche und isotonische Durstlöscher, wie eine selbstgemischte Apfelschorle oder ein alkoholfreies Bier. Wenn Du Dein Getränk gern selbst mischst, füge pro Liter 2g Salz (Natriumchlorid) oder Speisesoda (Natron) hinzu.
Und irgendwann, nach entbehrungsreichen und nervenaufreibenden Monaten, hast Du es geschafft – der Marathon ist gefinisht!
Aber was jetzt? Ganz einfach: Genieße, was Du geschafft hast – und mache eine Pause! Mindestens drei Wochen lang solltest Du keine intensiven Einheiten absolvieren. Sorge stattdessen für aktive Erholung. Das geht z.B. durch sehr leichte Regenerations- oder Erholungsläufe. Diese dienen zum aktiven Wiederaufbau der körperlichen Reserven und sind dementsprechend extrem gemächlich (60 bis 65% der maximalen Herzfrequenz und 60 bis 90 Sekunden langsamer als das Marathon-Wettkampftempo). Darüber hinaus kannst Du Dich aller oben geschilderten regenerativen Maßnahmen bedienen – und ein paar Wochen später mit neuer Power Deinen nächsten Lauf vorbereiten.